Deine Mutter hatte Recht – Körperhaltung ist wichtig!
„Setz dich gerade hin!“ „Don’t slouch!“ Ich bin sicher, dass wir alle diese mahnenden Worte mehr als einmal von unserer Mutter gehört haben, als wir aufgewachsen sind. Und die meisten von uns befolgten sie widerwillig, ohne zu ahnen, welche anatomischen und biomechanischen Gründe hinter ihrem ständigen Drängen steckten. Wahrscheinlich war sie sich sogar selbst nicht über die Folgen einer schlechten Körperhaltung im Klaren! Aber irgendwie schien deine Mutter es immer am besten zu wissen.
Was ist überhaupt eine gute Körperhaltung und warum ist sie so wichtig? Grundsätzlich bezieht sich die Körperhaltung auf die Ausrichtung und Positionierung des Körpers in Bezug auf die allgegenwärtige Schwerkraft. Egal, ob wir stehen, sitzen oder liegen, die Schwerkraft übt eine Kraft auf unsere Gelenke, Bänder und Muskeln aus. Eine gute Körperhaltung bedeutet, die Schwerkraft so auf unseren Körper zu verteilen, dass keine Struktur überlastet wird.
Ein Architekt muss die gleichen Gesetze der Schwerkraft und der Gewichtsverteilung berücksichtigen, wenn er oder sie ein Gebäude entwirft. Und wie ein Gebäude mit einem schlechten Fundament ist auch ein Körper mit einer schlechten Haltung weniger widerstandsfähig gegen die Belastungen, denen wir im Laufe der Monate, Jahre und Jahrzehnte unseres Lebens ausgesetzt sind.
Wenn Ärzte oder Therapeuten sich die Haltung eines Menschen ansehen, betrachten sie in der Regel zuerst die Ausrichtung der gewichttragenden Gelenke im Stehen. In der Rückenansicht sollte die Wirbelsäule idealerweise keine seitliche Krümmung aufweisen, und die Beine sollten symmetrisch sein, ohne übermäßige Abwinkelung an den Knien oder Knöcheln. In der Seitenansicht sollte die Wirbelsäule eine gleichmäßige S-förmige Kurve bilden, die durch ein gedankliches Lot halbiert wird, das vom Scheitelpunkt des Kopfes durch den Körperschwerpunkt verläuft. Die gleiche Lotlinie sollte durch die Spitze der Schulter, die Mitte des Hüft- und des Fußgelenks und etwas hinter dem Kniegelenk verlaufen. Bei dieser idealen Ausrichtung verteilt sich das Körpergewicht gleichmäßig auf die Wirbelsäule und die Gelenke der unteren Extremitäten, was eine minimale Muskelanstrengung erfordert. Durch diese Ausrichtung wird auch der Druck auf die Bandscheiben gleichmäßig verteilt und eine übermäßige Belastung der Bänder vermieden.
Die Sitzposition ist der Ort, an dem die meisten von uns durch schlechte Haltungsgewohnheiten in Schwierigkeiten geraten. Das gilt besonders beim Autofahren oder bei der Arbeit am Computer. Wenn wir uns auf die Tätigkeit vor uns konzentrieren, neigen wir dazu, den Kopf und den Hals nach vorne zu strecken. Da der Körper dem Kopf folgt, neigt auch die Brust- und Lendenwirbelsäule dazu, sich nach vorne zu biegen. Dadurch wird das Gewicht des Kopfes und des Oberkörpers nicht mehr über die Wirbelsäule ausbalanciert, sondern muss durch erhöhte Muskelkraft und Dehnung der Wirbelsäulenbänder getragen werden. Mit der Zeit führt dies zu Ermüdung und schließlich sogar zu Schmerzen im Nacken und oberen Rücken. Nach vorne gerundete Schultern, wie sie z. B. auftreten, wenn der Autositz zu weit vom Lenkrad entfernt ist, tragen ebenfalls zu diesem Ungleichgewicht bei. Idealerweise sollte die S-förmige Krümmung der Wirbelsäule, die für eine gute Stehhaltung charakteristisch ist, auch im Sitzen beibehalten werden. Dies lässt sich am besten erreichen, indem man sich in einem Stuhl mit gerader Rückenlehne ganz nach hinten setzt und ein gefaltetes Handtuch oder ein kleines Kissen in die Wölbung des unteren Rückens legt. Glücklicherweise sind viele neue Bürostühle und Autositze mit eingebauten Lendenwirbelstützen und anderen verstellbaren Funktionen ausgestattet.
Sitzen und Stehen mit der richtigen Körperhaltung ermöglicht es, effizienter und mit weniger Ermüdung und Belastung der Bänder und Muskeln des Körpers zu arbeiten. Sich einer guten Körperhaltung bewusst zu sein, ist der erste Schritt, um alte schlechte Haltungsgewohnheiten abzulegen und die Belastung der Wirbelsäule zu verringern. Wenn man dieses Wissen in die Praxis umsetzt, kann man den strukturellen anatomischen Veränderungen vorbeugen, die sich entwickeln können, wenn eine schlechte Haltung über viele Jahre hinweg nicht korrigiert wird. Um also ein altes Sprichwort zu wiederholen, das Sie vielleicht auch schon von Ihrer Mutter gehört haben: „Eine Unze Prävention ist mehr wert als ein Pfund Heilung.“ Danke, Mama!
P.S. In dieser Diskussion haben wir Ihnen einige grundlegende Konzepte der „statischen“ Haltung wie Sitzen und Stehen vorgestellt. In einer späteren Folge werden wir über „Haltung in Bewegung“ sprechen, allgemein bekannt als Körpermechanik. Die Körpermechanik bezieht sich darauf, wie wir unseren Körper positionieren, um Bewegungsaktivitäten wie Schieben, Heben oder Tragen auszuführen. Genau wie eine gute statische Haltung ermöglicht eine „gute“ Körpermechanik ein effizienteres Arbeiten und Spielen bei geringerer Belastung der einzelnen Körperteile.
Wir möchten Sie außerdem ermutigen, sich die kommenden Artikel zu anderen Themen der orthopädischen und sportlichen Rehabilitation anzusehen. Zum Beispiel werden wir darüber sprechen, was unmittelbar nach einer Gelenkverstauchung zu tun ist, und später werden wir einige Tipps zur Vorbeugung des Karpaltunnelsyndroms geben. Bis dahin wünschen wir alle von SCOI Ihnen gute Gesundheit und ein gesundes Leben. Danke für Ihren Besuch!
Über den Autor – FRANK J. D’AMBROSIO, PT
Frank ist Absolvent der UCLA und der UC San Francisco und erwarb 1984 einen Abschluss in Physiotherapie. Seit 1986 hat er sich auf die allgemeine Orthopädie spezialisiert und in verschiedenen Bereichen gearbeitet, unter anderem im stationären und ambulanten Bereich. Heute konzentriert er sich auf die Beurteilung der Wirbelsäule sowie auf Mobilisierungs- und Stabilisierungsübungsprogramme. Seit seinem Eintritt in das Zentrum für Rehabilitationsmedizin am SCOI ist Frank für die Verwendung von Med-X Test- und Trainingsgeräten für die Lenden- und Halswirbelsäule zertifiziert. In seiner Freizeit fährt er gerne Rad, wandert, spielt Golf und hört Musik.