Forschungsbrief
Zahlreiche Studien über 140 Jahre hinweg haben gezeigt, dass verheiratete Personen tendenziell länger leben als ihre unverheirateten Kollegen. Die Versuche, diesen Vorteil zu erklären, haben sich in der Regel auf die folgenden Fragen konzentriert: Hat die Ehe einen direkten Schutzeffekt, der das Sterberisiko durch Vorteile wie eine bessere Gesundheit verringert? Oder spiegelt die höhere Lebenserwartung die Möglichkeit wider, dass gesunde Menschen eher heiraten – und dass Verheiratete daher einfach von Beginn ihres Ehelebens an gesünder sind?
Die Konzentration auf diese Fragen legt nahe, dass der Zusammenhang zwischen Langlebigkeit und Verheiratetsein nur durch den „Schutz“ durch die Ehe oder durch die „positive Selektion“ in die Ehe aufgrund der guten Gesundheit erklärt werden kann. Eine dritte Überlegung könnte jedoch ebenfalls Aufschluss über den Zusammenhang zwischen Ehe und Gesundheit geben. Wenn die Eheschließung einen besseren Schutz vor Krankheit und Tod bietet, dann haben Personen mit schlechtem Gesundheitszustand möglicherweise einen größeren Anreiz, diese Vorteile durch Heirat und Verbleib in der Ehe zu erreichen. Dieser Mechanismus kann als „negative Selektion“ bei der Heirat bezeichnet werden und könnte theoretisch ein ebenso bedeutender Faktor sein wie die positive Selektion. Obwohl häufig angenommen wird, dass die Selektion zumindest einen Teil des Heiratsvorteils ausmacht, haben sich frühere empirische Arbeiten mit der positiven Selektion befasst und nicht die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass auch die negative Selektion eine Rolle spielen könnte.
Neuere Forschungen am RAND Center for the Study of Aging versuchen, diese Lücke zu schließen. Die Forscher verwenden einen landesweit repräsentativen Datensatz, um mehr als 4000 Männer über einen Zeitraum von 22 Jahren zu verfolgen. Die Studie analysiert die Veränderungen des Gesundheitszustands der Männer im Verlauf ihrer wichtigsten ehelichen Übergänge, d. h. ihrer Geschichte von Heirat, Scheidung, Tod eines Ehepartners und Wiederheirat. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sowohl das Schutz- als auch das Auswahlszenario zur Erklärung des Heiratsvorteils beitragen. Einerseits verringert ein guter Gesundheitszustand das Sterberisiko, und unter bestimmten Umständen trägt die Ehe zu einem guten Gesundheitszustand bei. Andererseits trägt der Gesundheitszustand der Individuen dazu bei, ihre Selektion in den verheirateten Zustand zu bestimmen.
Auswirkungen des Familienstandes auf die Gesundheit
Die Analyse der Frage, ob sich die Ehe direkt auf die Gesundheit auswirkt, liefert gemischte Ergebnisse. Vergleiche zwischen derzeit verheirateten und unverheirateten Männern zeigen, dass erstere zwar im Allgemeinen gesünder sind, dieser Unterschied aber nicht einfach auf die schützende Wirkung der Ehe zurückgeführt werden kann. Der von den Männern selbst angegebene Gesundheitszustand zeigt, dass die erste Eheschließung für sich genommen keine spürbaren Vorteile mit sich bringt. Vergleiche zwischen älteren verheirateten und geschiedenen Männern zeigen jedoch, dass der relative Gesundheitszustand der letzteren mit zunehmendem Alter deutlich abnimmt. Wenn geschiedene Männer das Alter von 50 Jahren erreichen, müssen sie damit rechnen, dass sich ihr Gesundheitszustand wesentlich schneller verschlechtert als der der verheirateten Männer. Für diese Gruppe älterer geschiedener Männer bietet eine Wiederverheiratung einen direkten Gesundheitsvorteil, der ihre Gesundheit auf das Niveau von Männern bringt, die verheiratet geblieben sind.
Die gesundheitlichen Vorteile von Männern, die verheiratet bleiben oder wieder heiraten, ergeben sich aus einer Vielzahl von Faktoren, die miteinander zusammenhängen, wie z. B. Betreuung in Krankheitszeiten, bessere Ernährung und eine häusliche Atmosphäre, die Stress und stressbedingte Krankheiten reduziert, gesunde Verhaltensweisen fördert und von ungesunden wie Rauchen und übermäßigem Alkoholkonsum abhält. Einflüsse dieser Art verbessern in der Regel den unmittelbaren Gesundheitszustand eines Mannes und können häufig seine Chancen auf ein längeres Leben verbessern.
Auswirkungen des Familienstands auf die Sterblichkeit nach Kontrolle des Gesundheitszustands
Mit zunehmendem Alter verschlechtert sich der Gesundheitszustand der Männer und das Sterberisiko steigt. Es überrascht jedoch nicht, dass die Höhe des Risikos mit dem Familienstand zusammenhängt: Verheiratete Männer in den 50er, 60er und 70er Jahren haben eine niedrigere Sterblichkeitsrate als unverheiratete (nie verheiratete, geschiedene oder verwitwete) Männer. Bei geschiedenen Männern ist dieses höhere Sterberisiko in erster Linie auf ihren schlechteren Gesundheitszustand zurückzuführen. Bei unverheirateten Männern und Witwern hingegen hängt die höhere Sterblichkeitsrate weniger mit dem selbst angegebenen Gesundheitszustand zusammen – ein Ergebnis, das Fragen zu den Faktoren aufwirft, die zu einem früheren Tod führen. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Teil des Ehevorteils auf das Zusammenleben mit einem Partner oder mit anderen Erwachsenen zurückzuführen ist. Nie verheiratete Männer ziehen es möglicherweise vor, allein zu leben, und verzichten so auf die potenziell lebensverlängernden Vorteile der sozialen Integration.
Auswirkungen der Gesundheit auf Heiratsgründung und -auflösung
Im Gegensatz zur herkömmlichen Annahme, dass gesündere Männer eher eine Ehe eingehen als ihre weniger gesunden Altersgenossen, zeigt die Studie, dass gesündere Männer tatsächlich dazu neigen, später zu heiraten und eine Wiederverheiratung aufzuschieben. Relativ ungesunde Männer hingegen streben die Ehe eher aktiv an. Sie heiraten früher, lassen sich seltener scheiden und heiraten eher wieder nach einer Scheidung oder dem Tod eines Ehepartners. Für diese Männer kann die Ehe ein wirksames Mittel sein, um die körperliche Gesundheit zu fördern und die Lebenserwartung zu erhöhen. Ihr Verhalten stützt die Ansicht, dass es eine negative Selektion in die Ehe auf der Grundlage der Gesundheit gibt.
Gleichzeitig fand die Studie auch Hinweise auf eine positive Selektion in die Ehe auf der Grundlage anderer Faktoren als der Gesundheit. In jungen Jahren haben einige Männer (neben ihrem allgemeinen Gesundheitszustand) Eigenschaften, die sie nicht nur eher heiraten lassen, sondern sie auch zu gesünderen Menschen machen. Solche Gewohnheiten oder Vorlieben werden früh im Lebenszyklus etabliert, was zu einer positiven Gesamtassoziation zwischen guter Gesundheit und Heirat führt. Diese Korrelation ist jedoch nicht das Ergebnis des Einflusses der allgemeinen Gesundheit auf die Heiratsfähigkeit oder der gesundheitlichen Vorteile der Ehe.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Die Beziehung zwischen Ehe und Langlebigkeit ist komplexer als allgemein angenommen. Die längere Lebenserwartung verheirateter Männer lässt sich nicht ausschließlich mit dem Schutz vor Krankheiten oder mit der Selektion in die Ehe aufgrund eines guten Gesundheitszustands erklären. Die Ergebnisse bestätigen zum ersten Mal, dass der von den Männern selbst angegebene Gesundheitszustand ihre Heiratsentscheidungen beeinflusst – allerdings nicht in einer Weise, die die Vorstellung einer positiven Selektion unterstützt. Da ein guter Gesundheitszustand von der Heirat abhält und ein schlechterer Gesundheitszustand zur Heirat ermutigt, lässt sich der Zusammenhang zwischen Heirat und besserer Gesundheit durch individuelle Gewohnheiten und Präferenzen erklären, die sowohl die Gesundheit als auch die Heirat fördern.
Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sich der Familienstand zwar auf die Sterblichkeit auswirkt, die entscheidenden Faktoren, die diesem Effekt zugrunde liegen, jedoch nicht immer klar sind. Bei älteren geschiedenen Männern führt ein außerehelicher Status zu einem schlechteren Gesundheitszustand und auch zu einer kürzeren Lebenserwartung. Andere unverheiratete Männer hingegen haben eine höhere Sterblichkeitsrate, obwohl ihr allgemeiner Gesundheitszustand nicht schlechter ist als der von verheirateten Männern. Während also der relativ gute Gesundheitszustand verheirateter Männer eine teilweise Erklärung für ihre höhere Lebenserwartung bietet, müssen noch weitere entscheidende Faktoren gefunden werden.
Anmerkungen
- Lee A. Lillard und Constantijn W.A. Panis, „Marital Status and Mortality: The Role of Health“, Demography, 33(3):313-327, 1996.
Dieser Bericht ist Teil der RAND Corporation research brief series. RAND Research Briefs stellen politikorientierte Zusammenfassungen einzelner veröffentlichter, von Experten begutachteter Dokumente oder eines Korpus veröffentlichter Arbeiten dar.
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