Auch wenn man Come Together heute als grandiosen Auftaktsong zum Abbey Road-Album der Beatles kennt, zählte der vor gut 50 Jahren von John Lennon geschriebene Titel zu den letzten Stücken, die sie für diesen Longplayer in Angriff nahmen. Nachdem ein Großteil des Albums bereits in den Get Back-Sessions im Januar 1969 erste Form angenommen hatte, entstand Come Together erst auf der Zielgeraden, als die letzte Ausfahrt zur endgültigen Abbey Road sozusagen schon in Sichtweite war.
- von Paul McGuinness
- Die eigentümliche Entstehungsgeschichte
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- The BeatlesAbbey Road(u.A. Ltd. Picture Disc, Ltd. Super Deluxe Box, Ltd. 3LP Box)
- „So ein Kampagnensong hätte doch niemals funktioniert“
- „Ich schlug vor, es mal auf die sumpfige Tour zu probieren“
- Ein funky Song
von Paul McGuinness
Die eigentümliche Entstehungsgeschichte
Die eigentümlichen Wurzeln von Come Together liegen in einer politischen Kampagne, die im damaligen Gouverneurswahlkampf in Kalifornien eine Rolle spielte. Timothy Leary war in jenen Tagen vor allem als LSD-Fürsprecher bekannt: Sein „Turn on, tune in, drop out“-Motto hatte ihm zum ultimativen Drogen-Advokaten und Volksverführer gemacht. Richard Nixon hatte ihn sogar kurzerhand zum „gefährlichsten Mann in ganz Amerika“ erklärt. Als John und Yoko, die schon während ihrer Flitterwochen in Amsterdam ein erstes Mal „für den Weltfrieden gekuschelt“ hatten, dann beim zweiten „Bed-in für den Frieden“ in ihrem Hotelzimmer in Montreal den Titel Give Peace A Chance aufnahmen, war Mr. Leary nicht nur im Refrain zu hören und saß dabei am Fuß des Betts. Er tauchte sogar namentlich im Songtext auf.
Leary wusste nämlich genau wie Lennon, was eine eingängige Zeile, ein griffiger Slogan alles bewegen kann. Und nachdem er den Entschluss gefasst hatte, im besagten Gouverneurswahlkampf von Kalifornien gegen den späteren Präsidenten Ronald Reagan anzutreten, war er nun zu John gekommen. Er hatte ihn gebeten, einen Song um seinen Wahlslogan „Come together – join the party“ zu komponieren. Bereitwillig hatte der Brite eilig eine dazu passende Melodie aus dem Ärmel geschüttelt, mit der ab sofort im Programm der Underground-Radiosender Werbung für Leary gemacht wurde…
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„So ein Kampagnensong hätte doch niemals funktioniert“
„Jahre später griff Leary mich dann an“, erinnerte sich Lennon 1980 im Interview mit dem Playboy. „Er behauptete, ich hätte ihn damit abgezockt. Nun, ich hatte dieses andere kleine Stück schrieben, das Come Together And Join The Party… hieß, und mehr auch nicht. Sie kamen nämlich nie auf mich zu, um den kompletten Song einzufordern. Ich hab ihn da also keineswegs abgezockt. Der Song war schließlich fertig und wartete nur darauf, von ihm abgeholt zu werden.“ Was das Stück angeht, das er schließlich für The Beatles schrieb, erinnerte er sich: „Ich schrieb daraufhin dieses andere Come Together, das nichts für ihn war – so eine Nummer als Kampagnensong hätte doch niemals funktioniert, nicht wahr?“
Leary bestätigte die Anekdote von Lennon: „Obwohl die neue Version, verglichen mit meinem Kampagnensong, ganz klar besser war, was Musik und Text angeht, war ich damals schon etwas sauer, dass Lennon mich einfach so übergangen hatte… Als ich meinen Unmut dann ganz vorsichtig bei John anmeldete, antwortete er mit dem typischen Lennon-Charme und diesem für ihn so typischen Augenzwinkern: Er sei nun mal ein Schneider und ich ein Kunde, der einen Anzug bestellt und diesen nie wirklich abgeholt hätte. Also hätte er sich dann irgendwann einen anderen Kunden für das gute Stück gesucht.“
„Ich schlug vor, es mal auf die sumpfige Tour zu probieren“
Ein ungewöhnlicher Keim also, aus dem schließlich der Eröffnungstitel von Abbey Road hervorgehen sollte. Learys Vorwurf, Lennon habe seinen Slogan einfach so geklaut, kann man bis zu einem gewissen Punkt so gelten lassen. Aber es war ein anderer Plagiatsvorwurf, der wenig später sehr viel höhere Wellen schlagen sollte: Paul McCartney war aufgefallen, dass die Originalversion von Come Together ziemlich eindeutige Parallelen zu einem anderen Stück aufwies, das aus der Feder von einem ihrer frühesten Vorbilder stammte. „Er präsentierte uns diese Idee als lebhafte kleine Songskizze, woraufhin ich ihn darauf hinwies, dass sein Song wahnsinnig viel Ähnlichkeit hatte mit You Can’t Catch Me von Chuck Berry“, erinnerte sich McCartney. „John räumte ein, dass die Songs durchaus sehr nah beieinander lagen, also sagte ich: ‚Nun, gibt es etwas, das du machen kannst, um dich davon wegzubewegen?‘ Ich selbst schlug vor, es auf die sumpfige Tour – ich weiß noch, dass ich das Wort ’sumpfig‘ ins Spiel brachte – zu versuchen, und das taten wir dann auch.“
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Ein funky Song
Um einem später angedrohten, offiziellen Rechtsstreit aus dem Weg zu gehen, ließ sich John auf einen Kompromiss ein und nahm auch noch eine Coverversion von You Can’t Catch Me für sein Rock’n’Roll-Soloalbum auf. „Come Together ist schon von mir, wobei ich irgendwie an einer alten Idee von Chuck Berry entlang arbeite. Auch habe ich die Zeile ‚Here come old flat-top‘ drin gelassen. Er klingt ganz anders als der Song von Chuck Berry. Aber sie zogen mich schließlich doch noch vor Gericht, weil ich vor ein paar Jahren mal öffentlich eingeräumt habe, dass der Berry-Song ein wichtiger Einfluss war. Ich hätte auch ‚Here comes old iron face‘ daraus machen können, aber der Song bleibt so oder so unabhängig von Check Berry oder sonst wem.“
Nachdem sie das Tempo gedrosselt und auf mehr Groove gesetzt hatten, nahm die Band Come Together in insgesamt sechs Sessions auf. Los ging’s am 21. Juli 1969. Ausschlaggebend für den immensen Erfolg war dabei die Schlichtheit des Titels: Alles war auf den Punkt produziert, und der etwas „sumpfige“ Funk-Faktor schadete schließlich auch nicht. „Ja, ein funky Song war das – für mich ist das sogar einer der besten Beatles-Songs… oder sagen wir: einer meiner liebsten Lennon-Tracks“, sagte John im Playboy-Interview 1980. „Er hat diesen Funk-Einschlag, da schwingt Blues mit, und mein Gesang geht auch in Ordnung. Ich mag den Sound dieser Aufnahme. Man kann dazu tanzen. Also: ich würde ihn kaufen!“
Die unglaubliche Geschichte der Abbey Road Studios