Alopezie bei Belgisch Blau gekreuzten Kälbern: eine Fallserie

Die Klinik für Wiederkäuer der LMU München wurde im Dezember 2010 von einem Milchviehhalter mit einem Herdenproblem von Haarausfall bei BB gekreuzten Kälbern kontaktiert. Nach Angaben des Besitzers waren im Laufe von 5 Jahren Kälber beiderlei Geschlechts von Milchviehmüttern betroffen, die von verschiedenen BB-Bullen durch künstliche Besamung gezeugt wurden. Er berichtete, dass diese Kälber mit einem normalen Haarkleid geboren wurden. Ab einem Alter von 2 bis 3 Wochen zeigten sie eine schlechte Sparsamkeit, übermäßige Schuppung im Nacken- und Kopfbereich, wobei die Bereiche kurz darauf alopezisch wurden, beginnend am Kopf und fortschreitend in der dorsalen Mittellinie, im Nacken- und Schulterbereich. Im Alter von 8 bis 10 Wochen begannen die Haare an den betroffenen Stellen bei allen Kälbern wieder zu wachsen. Aufgrund der finanziellen und tierschutzrechtlichen Bedenken des Besitzers begann der Herdentierarzt, das Problem zu untersuchen. Nach körperlichen Untersuchungen und Proben der betroffenen Haut konnte der überweisende Tierarzt bei keinem der betroffenen Kälber eine offensichtliche Ursache feststellen. Juckreiz war nicht vorhanden, es wurden keine Ektoparasiten gefunden und Hautabschabungen ergaben keine abnormalen Ergebnisse. Die vom überweisenden Tierarzt entnommenen Hautbiopsien ergaben keinen Aufschluss über die Ursache der Alopezie. Die Behandlung der betroffenen Tiere mit Insektiziden zum Aufgießen und injizierbaren Vitaminpräparaten führte nicht zu einer Verbesserung des Zustands. Erstaunlich war auch, dass reinrassige Milchkälber auf demselben Betrieb Berichten zufolge noch nie von dieser Krankheit betroffen gewesen waren. Nach Rücksprache mit dem Herdentierarzt wurden drei Tiere mit typischen Anzeichen zur weiteren Diagnostik an die Klinik überwiesen, und es wurde ein Herdenbesuch arrangiert.

Nach Ansicht des Besitzers wiesen die drei überwiesenen männlichen Kälber im Alter von 19, 28 und 42 Tagen verschiedene Stadien der gleichen Erkrankung auf. Sie kamen über einen Zeitraum von 3 Monaten (Januar-März 2011) in die Klinik. Das folgende Management der Kälberpflege war für alle Kälber identisch: Nach der Geburt wurden sie von ihrer jeweiligen Mutter getrennt und in Einzelboxen mit Stroheinstreu untergebracht. In den ersten 7 bis 10 Lebenstagen erhielten sie zweimal täglich 2 Liter Vollmilch von ihrer jeweiligen Mutter. Anschließend wurden die Kälber zweimal täglich mit 4 Litern eines handelsüblichen Milchaustauschers gefüttert. Heu, Salz, Mineralfutter, Getreide oder Wasser wurden bis zu diesem Zeitpunkt nicht angeboten. Wie alle anderen betroffenen Kälber erhielten die drei Kälber nach Auftreten der ersten Symptome einen oralen Vitaminmix sowie eine Pour-on-Behandlung mit einem Antiparasitikum (Moxidectin Triclamox Rind Pour-on-Lösung ad us. vet.; Moxidectin 0.5 mg/kg BM, Triclabendazol 20 mg/kg BM), der Haarausfall schritt jedoch unabhängig davon fort.

Klinische Untersuchung bei der Aufnahme, Blutentnahmeverfahren und Analyse

Unmittelbar nach Ankunft in der Klinik wurde eine klinische Untersuchung nach Dirksen et al. durchgeführt. Jedem Tier wurde durch Punktion der Jugularvene Blut entnommen und direkt in Röhrchen mit S-Monovette (Sarstedt, Nümbrecht-Rommelsfeld, Deutschland), Gerinnungshemmer (K3 EDTA, 1,6 mg/ml; Sarstedt) und Blutgas-Monovette (50 IU/ml Calcium-balanciertes Lithium-Heparin; Sarstedt) gefüllt. Die Blutproben wurden sofort verarbeitet, und das Serum wurde durch Zentrifugation bei 3000 U/min für 10 Minuten bei 25 °C gewonnen. Serologische Parameter sowie die Aktivität der Glutathionperoxidase im Vollblut wurden mit einem automatischen Analysesystem (Automatic Analyser Hitachi 911; Roche Diagnostics, Indianapolis, IN) bestimmt. Die hämatologischen Analysen wurden mit einem automatischen Hämatologie-Analysegerät (Sysmex F820; Sysmex, Norderstedt, Deutschland) durchgeführt. Darüber hinaus wurde die Molybdänkonzentration im Serum bei IDEXX VetMed Labor GmbH, Ludwigsburg, Deutschland, bestimmt. Bei zwei Kälbern (Kalb 2 und 3) wurde der Vitamin-C-Gehalt im Serum, das am Tag der Hospitalisierung gewonnen wurde, mittels Flüssigchromatographie-Massenspektrometrie (MVZ Labor Dr. Limbach, Heidelberg, Deutschland) bestimmt.

Darüber hinaus wurde eine 8-mm-Hautbiopsie an drei verschiedenen Stellen (eine nicht betroffene, zwei betroffene Stellen) unter lokaler Anästhesie entnommen, sofort in 10 % neutral gepuffertem Formaldehyd fixiert und zur Untersuchung an das Institut für Veterinärpathologie der LMU München geschickt. Die in Formalin fixierten Proben wurden routinemäßig in Paraffin eingebettet und für die histologische Untersuchung aufbereitet und mit Hämatoxylin und Eosin (HE) sowie Giemsa gefärbt.

Klinische Anzeichen und klinische Pathologie

Tabelle 1 zeigt die Ausgangscharakteristika und die Ergebnisse der klinischen Untersuchung der drei Kälber zum Zeitpunkt der Hospitalisierung. Zu den auffälligen klinischen Befunden gehörten: abnorme Haltung mit unter dem Bauch zusammengezogenen Hinterbeinen (Kälber 1 und 2), während das Kalb 3 die linke Hintergliedmaße nicht belastete. Die Kälber 1 und 2 hatten kalte Extremitäten. Bei den Kälbern 1 und 3 wurden eine leichte Rötung des Zahnfleisches um die Schneidezähne und eine leicht erhöhte Rosafärbung der Schleimhäute festgestellt. Die Auskultation des Herzens ergab eine unregelmäßige Herzrhythmusstörung ohne Herzgeräusch und ohne Dehnung der Jugularvene (Kälber 1 und 2). Bei zwei Kälbern wurde eine Unterkühlung festgestellt (Kalb 1, 35,9 °C; Kalb 2, 37,6 °C), während Kalb 3 eine erhöhte Körpertemperatur (40,2 °C) aufwies. Bei der Inspektion der Mundhöhle und der Zehenzwischenräume wurden keine Ulzerationen festgestellt. Der Hydratationsstatus war normal, wie anhand der Bewertung des Hautzeltes und der Position der Augäpfel festgestellt wurde. Bei zwei Kälbern (Kälber 1 und 2) war Alopezie entlang des Rückens, auf beiden Seiten des Halses, auf der Stirn, um die Basis beider Ohren, auf beiden Wangen und um die Augen vorhanden. Die gerötete Haut in diesen Bereichen war teilweise von dicken Krusten bedeckt, die leicht entfernt werden konnten. Die Haut der betroffenen Bereiche war trocken und nur leicht entzündet; es wurden keine Erosionen festgestellt (Abb. 1). Im Gegensatz dazu wies Kalb 3 nur eine leichte Schuppung an verschiedenen Stellen des Kopfes und des Halses auf.

Tabelle 1 Ausgangscharakteristika und klinische Befunde zum Zeitpunkt des Krankenhausaufenthalts von sieben Belgisch Blau gekreuzten Kälbern, die in die Klinik eingewiesen wurden. Die Kälber 1, 2 und 3 wurden mit bestehenden Anzeichen von Alopezie überwiesen. Die Kälber 4-7 wurden in der ersten Lebenswoche auf dem Betrieb abgeholt, als noch keine klinischen Anzeichen erkennbar waren. BS, Brown Swiss; BB, Belgian Blue; RH, Red Holstein
Abb. 1

Zwei an Alopezie erkrankte Herdenvertreter. a-e: Kalb 1; f-j: Kalb 2. Haarausfall auf der Stirn, um die Augen herum, an den Wangen, entlang des Rückens und an beiden Seiten des Halses sowie an beiden Ellenbogen. Der Ansatz beider Ohren ist betroffen. Übermäßige Schuppung mit dicken, leicht ablösbaren Krusten, am deutlichsten auf beiden Seiten des Halses

Die hämatologischen und klinisch-chemischen Befunde sind in Tabelle 2 dargestellt. Zu den abnormen Befunden gehörten Polyzythämie (Kälber 1, 2 und 3), Leukozytose (Kälber 1 und 3), Hyperproteinämie (Kälber 1, 2 und 3), Hypalbuminämie (Kälber 1, 2 und 3), Hypokalzämie (Kälber 1 und 3) sowie eine marginale Hypokaliämie (Kälber 1, 2 und 3). Die Kupferkonzentration und die Glutathionperoxidase-Aktivität lagen innerhalb der jeweiligen Referenzintervalle. Dagegen lagen die Eisen- (Kälber 1 und 3) und Zinkkonzentrationen (Kalb 3) unter den jeweiligen Referenzintervallen. Die Vitamin-C-Konzentration lag bei beiden untersuchten Kälbern im Normalbereich (Kalb 2, 9,2 mg/L; Kalb 3, 7,6 mg/L; Referenzintervall Labor Limbach, Heidelberg, 2-20 mg/L).

Tabelle 2 Ergebnisse der hämatologischen Analyse und der klinischen Chemie zum Zeitpunkt der Einlieferung von sieben Belgisch Blau gekreuzten Kälbern in die Klinik. Die Kälber 1, 2 und 3 wurden mit bestehenden Anzeichen von Alopezie überwiesen. Die Kälber 4-7 wurden in der ersten Lebenswoche auf dem Betrieb abgeholt und in die Klinik gebracht, bevor die Anzeichen auftraten. Referenzintervalle für deutsche Fleckviehkälber, ermittelt an der Klinik für Wiederkäuer, LMU München, Deutschland, sofern nicht anders angegeben. Werte oberhalb des Referenzintervalls sind mit gekennzeichnet, Werte unterhalb des Referenzintervalls mit ↓

Histologische Befunde

In Proben betroffener Haut fand sich eine lamellare orthokeratotische Hyperkeratose der Epidermis mit Keratinschuppen und wenigen oberflächlichen Krusten. In der Dermis waren die Haarfollikel klein und die Follikellumina enthielten nur wenige Haarschäfte. Außerdem wurde eine minimale perivaskuläre oberflächliche lymphozytäre Infiltration/Entzündung dokumentiert. Es gab keine Hinweise auf eine relevante bakterielle oder pilzliche Infektion, einen Parasitenbefall oder eine Autoimmunerkrankung (Abb. 2).

Abb. 2

Hauthistologie von Kalb 1 am Tag der Vorstellung: Oberflächliche laminare orthokeratotische Hyperkeratose, die dem klinischen Bild entspricht (Schuppen). Die Haarfollikel sind diffus verkleinert (Sternchen). Anmerkung: Normale apokrine Drüsenerweiterung (#) der Rinderhaut

Behandlung und klinischer Verlauf

Zwei Kälber (Kälber 1 und 2) erhielten während des gesamten Krankenhausaufenthalts keine Behandlung. Sie bekamen zweimal täglich 3 Liter eines handelsüblichen Milchaustausches und erhielten Heu und Kälberstarter (Getreide) nach freier Wahl. Beide Kälber tranken gut und begannen in den folgenden Tagen, mit gutem Appetit zu fressen. Bei beiden Kälbern wurde ab einem Alter von 7 Wochen (1 bzw. 3 Wochen nach Ankunft in der Klinik) neues Haarwachstum und eine Verringerung der Schuppenbildung festgestellt. Zum Zeitpunkt der Entlassung im Alter von 14 (Kalb 2) bzw. 18 (Kalb 1) Wochen war das ursprünglich dünne Haar vollständig nachgewachsen. Zu diesem Zeitpunkt konnte das nachgewachsene dunkle Haarkleid leicht von dem etwas helleren ursprünglichen, intakten Haarkleid unterschieden werden. Bei einer Kontrolluntersuchung 9 Monate nach der Entlassung zeigte sich ein normales Haarkleid, und Episoden von Haarausfall waren nicht zu beobachten.

Bei Kalb 3 wurde eine septische Arthritis des linken Tarsalgelenks diagnostiziert. Die Erstbehandlung bestand aus Cefquinom (1 mg/kg BM; s.c.; Cobactan 2,5% ad us. vet.; MSD Animal Health Innovation GmbH, Schwabenheim, Deutschland) und Meloxicam (0,5 mg/kg BM; s. c.; Metacam 20 mg/ml ad us. vet.; Boehringer Ingelheim GmbH, Ingelheim, Deutschland). Fünf Tage nach der Aufnahme wurde eine Arthrotomie durchgeführt. Nach einer vorübergehenden Besserung verschlechterten sich die Lahmheit und der Allgemeinzustand des Tieres, und das Tier wurde 12 Tage nach dem chirurgischen Eingriff eingeschläfert. Bis zu diesem Zeitpunkt war lediglich eine Schuppung im Kopf- und Halsbereich beobachtet worden. Abbildung 3 zeigt den klinischen Verlauf der Veränderungen von Haut und Haarkleid der drei Kälber.

Abb. 3

Klinischer Verlauf der Veränderungen von Haut und Haarkleid in verschiedenen Körperregionen von drei Belgisch Blau gekreuzten Kälbern, die über einen Zeitraum von 3 Monaten in die Klinik überwiesen wurden. Die erste Reihe zeigt Hautveränderungen (z.B. Schuppenbildung), die zweite Reihe zeigt das Vorhandensein oder Fehlen von Haarausfall und Haarwuchs

Herduntersuchung

Nach Rücksprache mit dem Milchviehhalter und dem Herdentierarzt wurde ein Herdenbesuch vereinbart. Der Betrieb befand sich in Süddeutschland in der Nähe von zwei anderen Betrieben auf einer Anhöhe (~ 800 m über NN). Zum Zeitpunkt des Besuchs bestand die Herde aus 27 Kühen (20 BS, 3 RH, 3 HF, 1 BS x HF), fünf Färsen (BS) und sieben Kälbern. Der gleitende Herdendurchschnitt für das vergangene Jahr betrug 6551 kg/Kuh/Jahr. Alle erwachsenen Tiere waren im gleichen Anbindestall mit Matratzen und Stroheinstreu untergebracht.

Fütterung und Management

Die Ration für die laktierenden Tiere bestand aus Grassilage, Heu und zwei verschiedenen Kraftfuttermitteln entsprechend der geschätzten aktuellen Milchleistung (eine oder mehrere Schaufeln voll). Die chemische Analyse der Grassilage, des Heus und der Maispellets wurde am Institut für Physiologie, Physiologische Chemie und Tierernährung (LMU München) durchgeführt. Die Ergebnisse pro kg Trockenmasse sind in Zusatzdatei 2 aufgeführt, und ein Auszug aus der computergestützten Berechnung der Ration für die laktierende Kuh ist in Zusatzdatei 3 dargestellt. Da der Besitzer keinen Zugang zu einer Waage hatte, konnte die Ration nur geschätzt werden und wurde auf 20 kg Grassilage und 3 kg Heu (Nassgewichte) festgelegt. Für eine Kuh auf dem Höhepunkt der Laktation schätzte der Besitzer die Menge des gefütterten Kraftfutters auf etwa 5 kg (3 kg Körnermischung, 2 kg Pellets). Da die Fütterung der Mineralstoffmischung bestenfalls als sporadisch angesehen wurde, wurde sie nicht in die Berechnung einbezogen. Die geschätzte Ration enthielt 22 % Rohfaser (14 % strukturiert) und 10 % Rohprotein. Es zeigte sich ein Überangebot an Ballaststoffen (Grassilage mit sehr hohem Trockenmassegehalt) und ein Mangel an Eiweiß (negative Pansenstickstoffbilanz). Nach Modellschätzungen erhielt eine Kuh auf dem Höhepunkt der Laktation genug Futter, um 23,2 kg Milch zu produzieren.

Trockene Kühe und Färsen erhielten nur Grassilage und Heu. Mineralfutter wurde sporadisch (alle 4-7 Tage) an die laktierenden Tiere und manchmal auch an die trockenen Tiere gegeben. Alle Kühe hatten in den Sommermonaten Zugang zu Weideland. Alle Betriebe in der Umgebung erhielten Wasser aus demselben Brunnen. Heu und Grassilage wurden auf dem Hof erzeugt. Auf allen Weiden wurde Gülle ausgebracht; in den letzten 10 Jahren wurde kein anderer Dünger verwendet. Salz wurde nicht als Teil der Ration angeboten.

Die Kälber wurden im Anbindestallbereich geboren. Nach dem Absetzen vom Muttertier wurden sie entweder in Einzel- oder Gemeinschaftsboxen untergebracht. Jedes Kalb erhielt in den ersten 7 bis 10 Lebenstagen Kolostrum und Milch vom jeweiligen Muttertier, bevor es auf einen kommerziellen Milchaustauscher umgestellt wurde. In den letzten Monaten vor der Untersuchung wurde der Milchaustauscher auf eine andere Marke umgestellt, aber das Problem blieb bestehen. Es gab keine Standardarbeitsanweisung für das Mischen des Milchaustauschers, in der Menge, Misch- und Fütterungstemperatur angegeben waren. Auf Anfrage gab der Besitzer an, dass er die Menge des Milchaustauschers schätzte und dass die Mischtemperatur zwischen kalt und handwarm schwankte, je nach Verfügbarkeit von warmem Wasser im Stall. Der Besitzer gab an, dass bei Kälbern, die nur mit Vollmilch gefüttert wurden, Haarausfall aufgetreten war, aber es waren keine Aufzeichnungen verfügbar, um das Fütterungsmanagement für die betroffenen Kälber zu überprüfen. Einige Monate lang hatten die BB-Kreuzungskälber in den ersten drei Lebenstagen auch drei 10-ml-Dosen einer oralen Vitaminmischung erhalten. Im Alter von 6 Wochen wurde den Kälbern Heu, Getreide und Wasser zur freien Auswahl angeboten. Die Kälber wurden im Alter von 3 Monaten abgesetzt.

Untersuchung der abgesetzten Kälber

Sieben Kälber wurden zum Zeitpunkt des Herdenbesuchs untersucht. Vier jüngere Kälber (drei BS, ein BB x BS) im Alter von 1 bis 10 Tagen, sowie drei ältere Kälber (BB x HF, BB x RH, BB x BS) im Alter von 6 bis 9 Wochen. Alle Kreuzungskälber waren männlich; die drei weiblichen reinrassigen BS-Kälber waren als Ersatzfärsen vorgesehen. Die jüngeren Kälber wiesen bei der körperlichen Untersuchung keine Auffälligkeiten auf, mit Ausnahme eines Kalbes, das an Neugeborenendurchfall und Fieber litt; es waren keine Auffälligkeiten an Haut und Fell festzustellen. Die drei älteren Kälber zeigten Haarausfall an Kopf, Hals, Ellbogen, Schultern und Rücken (Abb. 4). Bei allen drei Kälbern hatten Alopezie und Schuppenbildung im Alter von etwa 3 Wochen begonnen, und die Haare begannen im Alter von etwa 6 Wochen nachzuwachsen. Alle älteren Kälber waren schlecht entwickelt und wiesen im Vergleich zu gleichaltrigen BB-Kälbern eine schlechte Körperkondition auf. Außerdem wurden bei einem neun Wochen alten Kreuzungskalb bei der Auskultation des Herzens unregelmäßige Arrhythmien festgestellt. Das Hautzelt und die Position der Augäpfel zeigten keine klinisch erkennbaren Anzeichen von Dehydrierung. Von allen Kälbern wurden wie oben beschrieben Blutproben entnommen. Alle vier BB-Kreuzungskälber wiesen erhöhte Werte für Hämatokrit (51-59 %; Mittelwert, 54 %; Referenzintervall Klinik für Wiederkäuer, LMU München, 30-36 %) und Erythrozytenzahl (12,5-14,6 × 1012/L; Mittelwert, 13,50 × 1012/L; Referenzintervall Klinik für Wiederkäuer, LMU München, 5-8 × 1012/L) auf. Die Albumin- und Gesamteiweißwerte waren bei diesen Kälbern kein Anzeichen für eine Dehydratation. Die hämatologischen und biochemischen Parameter sowie der Gehalt an Spurenelementen und die Aktivität der Glutathionperoxidase waren unauffällig, mit Ausnahme einer verminderten Konzentration des Gesamtproteins bei einem zwei Tage alten Kalb (42.40 g/L; Referenzintervall Klinik für Wiederkäuer, LMU München, 55-70 g/L), was auf ein Scheitern des Transfers der passiven Immunität hinweist.

Abb. 4

Vier Belgisch Blau gekreuzte Kälber auf dem Betrieb, untergebracht in Boxenlaufställen. Bilder, die während des Herdenbesuchs aufgenommen wurden. a und b: BB x HF-Kreuzungskalb, 6 Wochen alt, mit ausgedehntem Haarausfall am Hals, am Widerrist und um die Augen. b: ausgedehnte Schuppung der Haut am Hals. c und d: Neun Wochen altes BB x BS-Kreuzungskalb mit ausgedehnter Alopezie und feinem Haarwuchs, beachten Sie die Haltung mit unter dem Bauch zusammengezogenen Hinterbeinen. d: Kopf und Ohransatz mit leichter Schuppung und feinem Haarwuchs. e und f: 9 Wochen altes BB x HF-Kreuzungskalb mit Alopezie und feinem Haarwuchs. f: Widerrist und Schulterbereich mit feinem Haarwuchs. g: Neugeborenes BB x BS-Kreuzungskalb mit intaktem Haarkleid

Untersuchung der erwachsenen Tiere

Die Pansenfüllung war bei fast allen erwachsenen Tieren gut bis sehr gut. Vierzehn von 27 erwachsenen Tieren wiesen Krallenverformungen aufgrund von Überwuchs und fehlendem Krallenschnitt auf, und vier dieser 14 Tiere zeigten Anzeichen von Lahmheit oder Dekubitalgeschwüren an den Extremitäten. Der Body Condition Score (BCS) wurde für alle erwachsenen Tiere nach Edmonson et al. bestimmt. Vier Tiere in verschiedenen Laktationsstadien hatten einen BCS von ≤2,5/5.

Blutproben von sechs frisch geborenen Kühen wurden analysiert, und die Ergebnisse der Hämatologie und der Blutchemie zeigten keine Anomalien. Die Konzentrationen von Beta-Hydroxybutyrat lagen bei diesen Tieren zwischen 0,5 und 0,9 mmol/L. Sechs Urinproben von laktierenden Tieren wurden untersucht und die Ergebnisse waren unauffällig, abgesehen von vier Proben mit niedrigen Natriumkonzentrationen (13,0-16,0 mmol/L; Referenzgrenze Klinik für Wiederkäuer, LMU München, > 20 mmol/L).

Weitere Untersuchungen

Nach Rücksprache mit dem Besitzer und dem Herdentierarzt wurden weitere vier BB-Kreuzungskälber im Alter von 1 bis 8 Lebenstagen in die Klinik gebracht, um den klinischen Verlauf der Krankheit von Beginn an zu untersuchen. Alle Kälber hatten von ihren jeweiligen Müttern Kolostrum und Vollmilch erhalten, bevor sie abgeholt wurden. Um die Situation auf dem Bauernhof zu reproduzieren, erhielten alle vier Kälber zweimal täglich denselben kommerziellen Milchaustauscher. Wasser, Heu und Kälberstarter (Getreide) wurden ad libitum angeboten. Sie erhielten keine weiteren Behandlungen. Alle Kälber wurden bei ihrer Ankunft klinisch untersucht, und es wurden Blutproben entnommen, um sie wie oben beschrieben zu analysieren, einschließlich der Bestimmung des Vitamin-C-Gehalts im Serum. Das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Haarausfall wurde täglich dokumentiert. Die Ausgangsmerkmale und Ergebnisse der klinischen Untersuchung sind in Tabelle 1 aufgeführt. Abnormale Befunde beschränkten sich auf unregelmäßige Herzrhythmusstörungen bei drei Kälbern (Kälber 4, 5 und 6). Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse der hämatologischen und klinisch-chemischen Untersuchungen einschließlich des Vitamin-C-Spiegels im Serum. Keines der vier Kälber entwickelte während des Klinikaufenthalts in den folgenden drei Monaten die typischen Läsionen wie Schuppenbildung und Haarausfall.

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